3. Erfolgsfaktoren der Netzwerkarbeit
Erfolgsfaktoren Netzwerkarbeit
In der Gründungs- und Strukturierungsphase werden Strukturen etabliert. Was zunächst nach reiner Formsache klingt, ist in der Praxis maßgeblich für den Erfolg und die Nachhaltigkeit von Netzwerken.
Mit dem Festlegen der Struktur der Zusammenarbeit – wie Aufbau, Art und Häufigkeit der Treffen – sowie ersten Zielsetzungen und gemeinsamer Vision wird ein Grundstein gelegt, damit Netzwerkarbeit nicht „mehr Arbeit“ bedeutet, sondern gewinnbringend für alle sein kann. Es empfiehlt sich an dieser Stelle auch transparent über zeitliche und finanzielle Ressourcen zu sprechen, diese sind meist für alle knapp.
Checkliste: Strukturierung der Zusammenarbeit
- Leitbild und Ziele des Netzwerks formulieren
- Ressourcen der Netzwerkpartner*innen transparent machen
- Rhythmus, Häufigkeit, Dauer und Ort der Treffen abstimmen
- Mögliche Meilensteine festlegen (ggfls. Finanzierung der Maßnahmen besprechen)
- Aufnahmebedingungen neuer Mitglieder regeln
- Netzwerk-Leitung (oder routierende Zuständigkeit) bestimmen
Die Netzwerkleitung kann folgende Aufgaben übernehmen:
- Das Versenden der Einladungen zu Treffen
- Die Erstellung einer Tagesordnung (inkl. Themensetzung)
- Die Informationsweitergabe an alle Mitglieder
- Ansprechperson/en für die Öffentlichkeit
Struktur als Faktor für erfolgreiche Netzwerke:
1. Zuständigkeiten
Für die meisten Netzwerkakteure bedeutet Netzwerkarbeit „Zusatzarbeit“. Die Aufgaben müssen daher klar definiert, sorgfältig abgestimmt und verteilt werden. Dies führt zum einen dazu, dass die verschiedenen Kompetenzen und Ressourcen effektiv genutzt und paralleles, redundantes Arbeiten verhindert werden. Zum anderen werden die involvierten Akteure einbezogen sowie zur Mitarbeit und Verantwortungsübernahme motiviert.
Aufgabenverteilung meint in diesem Fall bspw. klare Zuordnung oder Regelungen wer Protokolle verfasst, zu Treffen einlädt, Sitzungen moderiert. Es kann sich anbieten, dafür ein „extra“ Gremium zu etablieren, dass Sitzungen vor- und nachbereitet:
2. Ziele, Erfolge und Ergebnisse
Ebenso wie eine gut koordinierte Verteilung der Aufgaben trägt das gemeinsame Arbeiten an „Produkten“ (bspw. Flyer, Veranstaltungen) zur Motivierung der Beteiligten bei. Die ersten sichtbaren Erfolge sollten sich zeitnah nach der Netzwerkgründung einstellen, um die Kooperation der Akteure untereinander zu stärken, ihre längerfristige Mitarbeit zu sichern und Außenwirkungen zu erzeugen.
3. Netzwerkidentität und -kultur
Eine Netzwerkidentität kann durch das Verfassen eines Leitbilds entwickelt werden. Dabei wird festgeschrieben, was das übergeordnete Ziel des Netzwerks sein soll, wie die Zusammenarbeit gestaltet wird und welche Werte das Netzwerk repräsentiert.
Für nachhaltige Zusammenarbeit braucht es eine „gemeinsame Vision“ und Arbeitsweise, die eine positive Kultur fördern, und sich durch Vertrauen, Ausgewogenheit und Transparenz sowie offene Kommunikation und gegenseitige Unterstützung auszeichnet.
Michaela Rönnefahrt, AK Schutz bei häuslicher Gewalt in OPR
Theorie- und Definitionsgrundlage
Im Bereich Gewaltschutz ist ein einheitliches, unbedingt auch sprachliches, Verständnis innerhalb des Netzwerks notwendig, da die Akteur*innen aus unterschiedlichen Praxisfeldern aufeinandertreffen. Sie müssen Verständnis für ihre jeweiligen Aufträge, Zuständigkeiten und Arbeitsansätze schaffen, die Schnittstellen zwischen den Institutionen identifizieren, Kommunikationswege entwickeln und Standards für das Case-Management erarbeiten.
- Organisieren Sie für sich als Netzwerk Vorträge sowie Schulungen zu spezifischen Themen aus der Praxis
- Begriffe sollten diskutiert und gemeinsam definiert werden (bspw. Prävention, Kindeswohlgefährdung, Opferschutz)
- Als Basis des gemeinsamen Verständnisses kann eine Checkliste hilfreich sein mit Themen, die besprochen werden sollten (bspw. rechtliche Grundlagen des Gewaltschutzes, Inhalte der Istanbul-Konvention, Täterstrategien, Arbeitsweise des Familiengericht).
Vertrauen in das Netzwerk und in die Kompetenzen der Netzwerkmitglieder
- Als Basis für eine gute Zusammenarbeit braucht es Verständnis für die differenzierten Funktionen oder Arbeitsweisen im Gewaltschutz. Der Beziehungsaufbau zwischen den Akteur*innen ist dabei ein zentrales Instrument für eine nachhaltige und stabile Kooperation.
Michaela Rönnefahrt, AK Schutz bei häuslicher Gewalt in OPR
Die Netzwerkmitglieder brauchen ein transparentes und detailliertes Verständnis der verschiedenen Rollen im Netzwerk, der Befugnisse und Kompetenzen, der Grenzen und Möglichkeiten der jeweiligen Arbeitsfelder.
Es ist damit sinnvoll zu Beginn Zeit einzuräumen, damit jedes Mitglied des Netzwerks sich und seine Arbeitsweise vorstellt. Es werden Synergien erkannt und arbeitserleichternde Schnittstellen geknüpft, vermeintlich Selbstverständliches hinterfragt und Handlungsspielräume für Veränderungen genutzt.
Resilienz und Bewusstsein für die eigenen Grenzen, Lust an der Veränderung zu entwickeln, und Angst vor Widerstand in der eigenen Institution zu überwinden
Wer im Bereich Gewaltschutz, geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt arbeitet, ist im Besonderen gefordert und belastet. Das Netzwerkformat kann Chance sein, um sich gegenseitig zu stärken und Erfahrungen zu teilen.
Persönliche Motivation und kontinuierliche Teilnahme gewährleisten
- Routierende Leitung der Treffen
- Feste Protokollinstanz oder abgestimmte routierende Protokollführung
- Online-Meetings im Wechsel zu Präsenzveranstaltungen
- Eine Art Planungsgruppe (3-4 Personen), die die Treffen gemeinsam vor- und nachbereiten
- Externe Moderation
- Jährliche Klausur, um ggfls. entstandene Überlastungen transparent zu machen
Weiterführendes Material
Barbara Kavemann: Kooperation und Vernetzung; unter: © KJPP, Universitätsklinikum Ulm, 2022 | haeuslichegewalt.elearning-gewaltschutz.de; abgerufen am 17.6.2024.
2. (Gewaltschutz-)Netzwerk starten
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4. Praxis und Evaluation
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